Nach einer neuen Dauerwelle und noch kürzerer Frisur verreisten Pä und ich für eine Woche ins Tessin. Sein Grossvater hat ein wunderschönes Rustico in Ronchini im Maggiatal, das wir benutzen durften. Wir haben viel gelesen, zusammen Computerspiele gespielt, fein gekocht, gebadet und gsünnelet. Neben den kleinen Abstechern nach Maggia zum Einkaufen haben wir einmal auch eine nachmittagfüllende Wanderung gemacht. Im Tessin gibt es wirklich wunderschöne Fleckchen.
Pä und ich haben beschlossen, dass wir Japanisch lernen wollen. Wir haben verschiedene Lernmaterialien gekauft und in den Ferien mit der Schrift begonnen. Im Japanischen gibt es drei verschiedene Schriften: zwei Silbenschriften (Hiragana und Katakana) und die Kanji, die chinesischen Schriftzeichen. In vielen Sätzen kommen alle drei Sorten vor: für die meisten Nomen und Verben gibt es ein Schriftzeichen, das die Japaner von den Chinesen übernommen haben. Endungen, Partikel u.ä. werden in Hiragana geschrieben und für Fremdwörter, ausländische Namen usw. verwendet man die Katakana.
Im Japanischen gibt es nur 46 Silben, was die Silbenschriften (und die Aussprache) relativ einfach macht. Es gibt also nicht wie auf Chinesisch 4 verschiedene Varianten jeder Silbe, je nachdem, wie sie betont wird. Ein offensichtlicher Vorteil ist, dass Schrift und Aussprache äquivalent sind. Man kann also jedes Wort in Hiragana schreiben. Kinderbücher sind zum Beispiel nur in Hiragana geschrieben. Es gibt allerdings relativ viele Homophone (Wörter mit gleicher Aussprache, aber unterschiedlicher Bedeutung).
Doch die grosse Herausforderung an den asiatischen Sprachen sind ja die Zeichenschriften. Das normale Japanisch begnügt sich mit nur 2000 Kanji (gegenüber 5000 Zeichen für alltägliches Chinesisch), die von der Regierung festgelegt wurden. Für Fachliteratur zum Beispiel braucht es aber mehr. Einerseits sind sie sehr schwierig zu erlernen, andererseits reicht es nicht, das Zeichen nur schreiben zu können. Es erlaubt nämlich keinerlei Rückschluss auf seine Aussprache... Zusätzlich gibt es oft verschiedene Aussprachen, manchmal sogar verschiedene Bedeutungen für ein Zeichen. Andererseits sind die Schriftzeichen Kombinationen aus 214 Radikalen, was manchmal das Erraten der Bedeutung möglich macht oder zumindest gute Merksätze gibt: so ist das Zeichen für Pause ein Mensch, der unter einem Baum ist.
Dafür ist die japanische Grammatik sehr einfach. Es gibt weder Konjugation noch Deklination, ein Verb ist entweder in der Vergangenheit oder in der Gegenwart: ich gehe = du wirst gehen = sie gehen und er ist gegangen = sie ging = ... Auch der Satzaufbau ist sehr klar (wenn auch genau umgekehrt als auf Deutsch, Französisch und Englisch).
Man könnte sich fragen, warum gerade Japanisch... Wir können inzwischen Deutsch, Französisch und Englisch ziemlich fliessend. Damit sollten wir in unserer Hemisphäre überall durchkommen. Wenn wir aber eine Sprache und Kultur kennen lernen wollen, die radikal anders ist, müssen wir gegen Osten blicken. Wir möchten aber auch einen wissenschaftlichen/beruflichen Nutzen ziehen, am liebsten durch ein Austauschsemester/-jahr. China ist zwar eine riesige und weiter wachsende Wirtschaftsmacht, aber technologisch noch lange nicht so weit entwickelt wie Japan. Gerade in der Informatik sind die Japaner an der Spitze mit dabei, aber auch was Forschung in den Naturwissenschaften angeht hat Japan etwas zu bieten. Ausserdem ist Japanisch schon leichter erlernbar als Chinesisch.
Doch zurück zu den Ferien. Ich habe zum zweiten Mal an einer Studienwoche von Schweizer Jugend forscht teilgenommen. Neben dem bekannten Nationalen Wettbewerb organisiert Schweizer Jugend forscht jedes Jahr mehrere Studienwochen in verschiedenen Natur- und Geisteswissenschaften. Vor zwei Jahren erhielt ich so einen Einblick in die Materialwissenschaften (früher Werkstoffkunde), diesen Sommer war die Informatik das Thema. Ich konnte meine Schwester motivieren, auch mitzumachen. Sie befasste sich an der Università della Svizzera Italiana mit einem 3D-Grafikprogramm, während ich in Windisch ein Projekt zur Lokalisierung mittels Handy umsetzte. Wir haben beide viel gelernt, wenn auch in ganz anderen Bereichen. Das ist ein gutes Beispiel dafür, wie riesig das Gebiet der Informatik geworden ist.
Irgendwann mussten aber auch die 2 1/2 Monate Sommerferien, die man als Student geniesst, zu Ende gehen. Ich liess mir noch das zweite Paar Weisheitszähne ziehen und begann mit dem Packen und Zügeln. Doch über mein neues Studio gibt es ja schon einen Blogeintrag. Ich bin immer noch völlig happy!
Japanisch
Gute Sache, bonne chance. Von wegen "Einfachheit" möchte ich doch einen starken Akzent auf "relativ" legen; die Sache ist oberhappig. Was will denn Pä in Japan? Er wird ja Biologe und nicht Informatiker? Elisa
Submitted by Elisa
on Tue, 2008-10-14 - 12:58
Pech gehabt
Ich wollte den interessanten Eintrag für Lili ausdrucken - et voilà que la cartouche d'encre est épuisée sans que je n'en possède une autre. Il y en a qui ne sont pas doués. Elisa
Submitted by Elisa
on Sat, 2008-10-25 - 21:56
Pä
Ja, Pä studiert Biochemie an der Uni Bern. Auch er ist fasziniert von Japan und würde seinen kulturellen Horizont gerne in diese Richtung erweitern. Es gibt in Japan verschiedene hervorragende Universitäten, die auch Studiengänge in Biochemie anbieten. Zudem ist die Uni Bern ja nicht gerade eine der Spitzenuniversitäten der Welt, ein Austauschjahr/-Semester an einer bekannten Universität würde sich im Lebenslauf sicher nicht schlecht machen ;-)
Submitted by Vera's Old Posts
on Fri, 2008-10-31 - 10:49
Lebenslauf
Einige Schnörkel im Lebenslauf sind schon schön, aber unwichtig; und die Uni Bern hat doch einen guten Ruf; worauf es am Ende des Tages ankommt, ist nicht die Qualität der Ausbildungsstätte, sondern das, was der/die dort Ausgebildete im Leben dann leistet - was erfahrungsgemäss unabhängig vom Ruf der durchlaufenen Uni ist. Auch Absolventen von Spitzeninstituten können Flaschen sein, und wie. Elisa
Submitted by Elisa
on Sun, 2008-11-16 - 10:05