Eine Freundin aus dem Chor studiert Germanistik. Kürzlich erzählte ich ihr von meiner grossen Bewunderung für Schilllers Kabale und Liebe. Die grösste Blamage meiner Schulkarriere verdanke ich diesem Buch: Im Deutsch hielt ich einmal einen Vortrag darüber, der eigentlich 20 Minuten hätte dauern sollen. Ich behandelte alle Textstellen, die mir wichtig erschienen, und schöpfte aus dem Vollen (ich hatte mir keine Notizen gemacht, ich wusste, was ich sagen wollte).
Ich bemerkte zwar schon, dass einige Mitschüler den Kopf auf die Tischplatte gelegt hatten und nicht mehr mit voller Aufmerksamkeit zuhörten. Das war aber nichts Aussergewöhnliches und diese Barbaren interessierten sich sowieso nicht für Literatur, ich dachte mir also nichts weiter dabei. Als ich geendet hatte, wies mich der Lehrer sanft darauf hin, dass es in 3 Minuten läuten werde, ich hatte also 40 anstatt 20 Minuten geredet.
Jedenfalls fasziniert mich dieses Buch schon lange, und meine Freundin sagte mir, dass sie in Kürze zwei Kolloquien über dieses Buch habe. Ich besuchte also die letzten zwei Montagabende ihre Vorlesung und wurde wieder daran erinnert, was für ein herrliches Buch das ist. Ich habe auch einige neue Interpretationsweisen kennengelernt, es ist sehr interessant, wie andere Leute andere Sichtweisen haben.
Die Literaturstunden des Gymnasiums fehlen mir!
Kabale und Liebe
Noch einmal; ich meinte, meinen Kommentar schon geschickt zu haben - aber sehe den nirgends. Aergerlich, so ungeschickt zu sein. Also:
Es ist seltsam, dass Deine Generation wieder auf den Geschmack für dieses Stück kommt. Wir in Deinem Alter fanden die Idee, persönliches der bürgerlichen Konvention zu opfern, als total verstaubt und veraltet. ich brauchte Jahrzehnte, um die Qualität ds Werkes neu schätzen zu lernen - im Gegensatz zu andern Schiller-Dramen, insbesonderer der grossartigen Wallenstein-Trilogie. Ja, die liebe Literatur wird notgedrungen bei Dir in den nächsten Jahren zu kurz kommen müssen; Priorität hat das Studium. Alles andere kommt nachher; niemand kann all das Spannende des Lebens gleichzeitig auskosten - sonst kommt am Ende nirgends was raus. Uebrigens: wenn ein zu langer Vortrag DIE Blamage Deines Lebens bleibt, hast Du echt Glück gehabt. So, jetzt versuche ich, das zu senden. Elisa
Submitted by Elisa
on Sun, 2008-11-16 - 09:35